Der Murnuggl - Unser Gemeindemaskottchen
Der Murnuggl von Fernitz
Eine Erzählung von Frau Marianne Graf
Copyright by Eigenverlag Pfarre Fernitz
8072 Fernitz, Pfarramt
1. Auflage 1998
Einst soll in unmittelbarer Nähe von der Aumühle ein Gasthaus gestanden haben. Allen, die die Dienste der Lohnmühle in Anspruch nahmen, gab es Gelegenheit, das Warten mit einem kühlen Tropfen zu verkürzen.
War das Wirtshaus das ganze Jahr über eher mäßig besucht, galt es in der Faschingszeit als richtiger Anziehungspunkt.
Dabei war es zur Tradition geworden, dass man, bevor man sich zum Feiern niederließ, gemeinsam zum nahen Murufer zog.
Dort stellte man dem Murnuggl, dem Wassergeist der Mur, einen Krug edlen Wein und eine Schüssel Fleisch hin, damit auch er am letzten Faschingstag eine Freude habe.
Wie alle Jahre, wurde auch in diesem der Fasching im Au-Gasthof fleißig begossen. Die Tische bogen sich unter der Last der würzigen Braten und goldgelben Krapfen. Eine flotte Musik spielte auf und ließ alle Tanzbeine nur so durcheinanderwirbeln.
Während sich Junge und Alte beim Lustigsein überboten, ging plötzlich die Tür auf, und auf der Schwelle erschien ein gedrungenes Männlein.
Vom Kopf flossen ihm rundherum schmutziggraue Algenfäden herab, durch die zwei große Fischaugen hervorglotzten. In der Hand hielt es eine Weidenrute.
Zwischen Fingern und Zehen leuchteten knallrote Schwimmhäute, und es war über und über mit silbergrauen Schuppen bedeckt. Der Murnuggl!
Da es diesmal am gewohnten Platz seine Faschingsgabe nicht gefunden hatte, wollte er sie nun selbst abholen. Wäre er den Leuten an einem anderen Tag erschienen, wäre er sicher mit gehörigem Respekt und Ehrerbietung bedacht worden. So aber hatte der Wein den Leuten schon übel mitgespielt. Sie jolten und schlugen sich vor Spaß die Schenken, als sie den Herren der Mur so drollig dastehen sahen.
Der Murnuggl, dem das lachende Völckchen gefiel, wollte in das drollige Treiben mit eingeschlossen werden.
Als die Musikanten wieder ihre Instrumente hochnahmen, watschelte er auf eine Schöne zu und bat sie höflich um einen Tanz.
„Greif mich nicht an, du morastiges Wesen! Nimm den Besen in der Ecke und tanz mit dem!“ keifte sie ihn an und wandte sich ekelerregt ab.
Traurig senkte der Murnuggl seinen Blick. Nur zu gut wusste er, dass er nicht von anziehender Gestalt war.
Er hockte sich auf eine Bank und wollte nun sein Leid mit einem Krapfen hinunterschlucken. „Weg da mit deinen klebrigen Fingern! Laß nicht deinen Schleim auf meine Köstlichkeiten fallen!“ herrschte die Wirtin ihn an.
„Das wollen Menschen sein? Die sind doch herzloser und härter als die Murnoggen in meinem Fluß!“ ärgerte sich der Murnuggl und wollte seinen Kummer im Wein ertränken.
Kaum hatte er eine Flasche erfasst, entriß sie ihm ein besonders Mutiger und höhnte: „Dein Froschmaul kann diesen edlen Tropfen nicht schätzen!“
Statt ihm wenigstens einen Schluck Wein zu gönnen, spuckte der Angetrunkene vor dem Wassergeist auf den Boden und befahl: „Schleck auf, was dir gebührt!“
Das aber war dem Murnuggl zuviel. Im Nu glühte er zornrot auf und mit wutentbrannter Stimme rief er:
„Wasser, Wasser schwalle,
dass das Böse falle!“
Dabei schlug er dreimal mit seiner Weidenrute auf das Wasserschaff des Herdes. In Blitzesschnelle quollen aus dem Behälter schwarzer Gischt und eine Flut giftgrünes Wasser heraus und spülten alles, Menschen und Gemäuer, in die Mur. Heute noch soll um Mitternacht, wenn der Faschingsdienstag dem Aschermittwoch weichen muss, leises Gläserklirren, Musik und Wehklagen aus der Mur zu hören sein.